Wie ein systemisches Coaching das eigene Wachstum unterstützen kann – Interview mit Sarah Bergner
Sarah betreut und begleitet mich in Einzelcoachings: Heute tauschen wir Rollen und ich darf ihr Fragen stellen.
weiterlesen ...Interview 18. Januar 2021
Katharina Balgavy studierte Bildende Kunst, Kunst- und Kulturwissenschaften an der Akademie der bildenden Künste, an der Universität für Angewandte Kunst in Wien sowie am ESA Ecole Superieure d’Art auf La Réunion. Sie arbeitete viele Jahre als Produzentin und Fotografin, später als Creative director in internationalen Projekten. Mittlerweile ist sie als Associate director für Kunst- und Kulturinstitutionen unterwegs und unterstützte Programmaktivitäten mit KünstlerInnen wie Cerith Wyn Evans, Ragnar Kjartansson, Amar Kanwar, Mario Garcia Torres und Carsten Höller. Sie arbeitet in den Bereichen zeitgenössische Kunst und art-based Research in Berlin und Kapstadt.
Katharina gründete das Unternehmen plastic index im Jahr 2013, eine Plattform, die Verbindung von Kunst und Kultur, Umwelt und Nachhaltigkeit in Form von Ausstellungen und künstlerischen Projekten für Unternehmen schafft.
In meiner Jugend bin ich oft nach Paris, Barcelona und London ausgebüchst. Musik und Subkulturen haben meine Identität stark geprägt. Ich bin in das Centre Pompidou, Paris oder ins Macba von Barcelona gesprintet, war fasziniert von Kunst und Kultur und sammelte, was es an Katalogen, Magazinen, Vinyl und Flyer gab. In den 2000ern haben längere Aufenthalte in Asien und Brasilien den Weg in Richtung Karriere gebahnt. Ich verdiente mein Geld mit der Produktion internationaler Nachrichten und konnte mir als Selbstständige mehrere Wochen am Stück freinehmen, um allerdings danach, nochmal härter, zu arbeiten.
Mein erster, professioneller Shoot und auch der erste, freie Research fanden in Rio de Janeiro statt. Wir arbeiteten alle unbezahlt im Team – ohne die Sprache des anderen gut zu kennen. Aber alle hatten nur die Kreation und den Aufbau unserer Portfolios im Kopf. (lacht) Der Shoot wurde als Editorial auf mehreren Seiten in einem brasilianischen Magazin veröffentlicht. Das war eine große Sache damals. Parallel habe ich eine Schule in den Favelas wochenlang begleitet, fotografiert und Recherche der methodisch-alternativen Pädagogik betrieben – es war ein starker Kontrast. Die Bilder wurden danach im Rahmen des European Month of Photography in Wien ausgestellt und hatten eine gewisse Reichweite.
Die brasilianische Kultur heute, hat einen globalen, vielleicht ganzheitlicheren Bezug zur Welt als so manch andere Kultur. Im Norden als auch im Süden äußert sich dies im Umgang miteinander, und hat eine authentische, warmherzige Kultur im Alltag geprägt.
Retrospektiv ist es interessant zu sehen, wie stark mich das Ausland und die Ferne geprägt hat. Ich brauchte die Distanz zur Heimatstadt, um mich künstlerisch zu entwickeln.
Wahrscheinlich hat mich mein stark ausgeprägter Reisedrang und meine Neugier erst dazu gebracht über mich hinauszuwachsen und auch Grenzen zu überwinden.
Ja. Ich lebte viele Jahre in Südafrika. Dies ging mit vielen Produktionen und mehreren Jahren an Research einher und somit verbrachte ich bis zu zehn Jahre in Afrika. Vielleicht bin ich wie der wandernde Künstler der Renaissance – (wir lachen beide). In postmodernen Zeiten der absoluten Globalisierung nimmt man es „fast“ für selbstverständlich, auf allen Kontinenten, reisen und auch selbstständig arbeiten zu dürfen. Dies ist natürlich nicht der Fall.
Zuhause ist dort, wo mein Internetanschluss ist. (lacht) Als junger Mensch war meine Einstellung: „Home is where your heart is.“ Ich habe damals Leidenschaft und Freiheit mit der eigenen Unabhängigkeit gleichgesetzt. Das stimmt natürlich so nicht ganz. Trotzdem hat es geholfen sich einzuleben und wohlfühlen zu können. Jetzt ist zu Hause da, wo ich sicher bin. Ich lebte in sehr gefährlichen Umgebungen und Städten. Zuhause ist, wo (m)ein eigener Freiraum sicher und auch selbst gestaltet werden kann. Dies ist zugleich auch ein Privileg.
Ja, man lernt zu schätzen was man in Europa hat, aber auch flexibel zu sein. Man lernt mit Konflikten und ungewöhnlichen Situationen humorvoll umzugehen. Ich bin durch Krisensituationen sicher resilienter geworden. Der Horizont wird weiter. Durch diese Erfahrungen wachse ich als Vermittlerin, sowie als Autorin und Kuratorin diverser Projekte, in der Kommunikation und im Leadership.
Ich denke jeder, der mit fremden Kulturen in Berührung kommt, kennt das Gefühl der Fremde. Ein Schock ist aber auch eine Erstarrung, ich würde es eher als Erwachen oder als eine Erfahrung bezeichnen. Man braucht die Sprache und die Empathie, um sich auf das Neue einzulassen. Wenn man gegenseitiges Verständnis entwickelt und voneinander lernen kann, kann man auch ungenutzte, eigene Potentiale erkennen.
Zuhören und Sprache – vielleicht auch eine gewisse, globale Universalität die Dinge zu betrachten, die außerhalb seinem (des Menschen), durch Ausbildung und Heimat vorgefertigten, Weltbilds liegen. Mein Leben in Südafrika hat vieles gezeigt: Themen des Postkolonialismus, sowie der Ressourcenverschwendung, von Nachhaltigkeit, Plastik und Müll, denn wohin damit? Auch Unsicherheit, die man anders als in Mitteleuropa, auf der südlichen Hemisphäre viel stärker wahrnehmen kann. In Südafrika werden offiziell elf verschiedene Sprachen gesprochen. Es gibt viele Gegensätze zu Österreich oder zu Deutschland. Durch diesen Brennpunkt ist der plastic index entstanden, eine Plattform zur transdisziplinären Vermittlung von Kunst, Kultur und Nachhaltigkeit für verschiedene Unternehmen und ihre Projekte. Egal welches Unternehmen, aus jeder Branche, kann jederzeit ein Projekt mit uns starten, und somit aus der Innovationskultur schöpfen, aus der Kunst einen Mehrwert schaffen und so größere Reichweite erzielen.
Jede Unternehmenskultur kann mit Programm-Aktivitäten, mit Kunstankäufen, mit oder ohne Event etwas bewirken. Es kann jedes Unternehmen in nachhaltigem Management in der Produktions- und Lieferkette mehr beitragen als mit einem nächsten, leeren Nachhaltigkeitsbericht.
(überlegt kurz) Präsenz; um aktiv auf potenzielle KundInnen zugehen können. Symposien oder fachspezifische Veranstaltungen besuchen, Workshops, Trainings oder Kurse belegen. Ich bin in mehreren Vereinen tätig und/oder Mitglied. Durch das Kennenlernen anderer Selbstständiger aus Kunst, Kultur und Architektur, dem Einzelhandel, sowie Agenturen, in Initiativen und Vereinen, kann man gemeinsam das Selbstbewusstsein stärken, Probleme teilen und Kontakte knüpfen.
Ich muss auch ergänzen: Sich gegenseitig und andere UnternehmerInnen unterstützen, ist wichtig. Ob Jobs, Kontakte oder Wissen vermitteln: die neue Zukunft ist Kooperation anstatt – althergebracht - "competition". Teilen und somit sinnvoll wirtschaften - neben Foren oder diskussionsfähigen Social Media Apps ist das beste und plakativste Beispiel online derzeit Wikipedia: Kostenloses Wissen, von Menschen gemacht, welches jeder Mensch schnell und überall auf der Welt beziehen kann. Einfach großartig.
– Ich spende übrigens regelmäßig. (schmunzelt)
Der 80jährige Vermieter auf einer kleinen Insel vor Rio de Janeiro, ein ehemaliger Eiskunstläufer, sagte einmal, als ich ungeduldig auf Internetempfang wartete: „Patience, patience, patience. You will get somewhere!“ (lacht)
Er hat recht!
Ich habe lange nach einer Mentorin oder einen Mentor gesucht – und früh gelernt mich selbst aufzubauen. Natürlich werde ich von meinem Umfeld, Netzwerk und Freunden unterstützt und motiviert. Mittlerweile habe ich einen Leadership Coach; ursprünglich hatten wir uns in der Zusammenarbeit eines Projektauftrags kennengelernt, woraus sich Freundschaft und gegenseitige Unterstützung, weiters Coaching entwickelte.
Durch Research, von Biografien anderer Menschen und durch andere Kulturen. Auch spielen können – das Kind rauslassen, Inspiration kommt immer wieder zurück durch andere Menschen, Humor und Leichtigkeit.
Du besitzt eine enorme Empathie, ein Verständnis und Gespür für sehr viele Menschen. Du kannst dich mit vielen, unterschiedlichen Menschen unterhalten und bist ein Kommunikationstalent, dies durfte ich mir von dir abschauen und lernen. (lacht)
Du hast (fast) nie schlechte Laune und versuchst das Positive zu sehen. (lacht) Insider: Selbst, wenn du auf einen Berg wanderst und du eigentlich keine Freude dabei hast, versuchst du es mit Humor zu nehmen.
Du hast nicht aufgehört kreativ zu sein und hast meist kreativ neben deinem Beruf gearbeitet: Ich kann mich gut an deine vielen selbstgemachten Collagenbücher erinnern.
Und weißt du was ich auch von dir gelernt habe? Einfach mal nichts tun. Einfach Ruhe geben, sich ausruhen können: denn man hat es verdient. Seine Grenzen zu kennen und für sich zu sein.
Sarah betreut und begleitet mich in Einzelcoachings: Heute tauschen wir Rollen und ich darf ihr Fragen stellen.
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